Bericht zur Wasserversorgung

Am 22. Januar 2022 rief die IG Freienbrink zu einem Einspruch gegen die Änderung der Wasserversorgungssatzung des WSE auf. Der WSE reagierte darauf mit dem „rechtlichen Hinweis“, dass ein Widerspruch gegen einen Satzungsbeschluss unzulässig sei und drohte mit Kosten, wenn man den Widerspruch aufrechterhält.

Wie geht es jetzt weiter? – Wie ist die Situation insgesamt?

Das bürgerbündnis vertritt die Ansicht, dass der Bürgermeister vor Stimmabgabe auf der Verbandsversammlung des WSE ein Votum der Gemeindevertretung benötigt hätte. Bei dieser Entscheidung geht es um Auswirkungen auf die Daseinsvorsorge der Gemeinde Grünheide. Der Bürgermeister hatte nur die Ortsbeiräte über sein geplantes Abstimmungsverhalten informiert und damals mit „ja“ gestimmt. Auf Rückfrage teilt die Kommunalaufsicht mit, dass die Gemeindevertretung dem Bürgermeister eine Weisung zur Stimmabgabe hätte erteilen können. Eine Pflicht dazu besteht aber nicht. Demnächst will das bürgerbündnis in den Ausschüssen der Gemeinde dazu beraten lassen.

Grünheide ist nur eine von insgesamt 16 Städten und Gemeinden, die sich im WSE zusammengeschlossen haben. Völlig unklar ist weiterhin, wieviel Wasser der einzelne Haushalt verbrauchen darf und wie der WSE mögliche Sanktionen umsetzen will.

Das generelle Problem besteht allerdings in der begrenzten Verfügbarkeit von Trinkwasser!

  • WSE hat zwei GmbHs gegründet für Trinkwasser bzw. Abwasser für das Industriegebiet Freienbrink
  • Trinkwasserkonzession an eine GmbH zur Vermarktung an die Unternehmen im Industriegebiet
  • dieses Wasser steht nicht mehr für die Versorgung der Bevölkerung zur Verfügung
  • Höhe dieser Menge wurde bisher nicht kommuniziert

Am 09. Februar 2022 fand im Umweltausschuss des Brandenburger Landtags ein mehr als dreistündiges Fachgespräch zum Thema Wasserversorgung statt. Daran nahmen Versorger und Wissenschaftler teil.

Folgende Erkenntnisse gingen daraus hervor:

  • Jahresniederschlagsmenge teilweise unter 500 mm (Durchschnitt in Deutschland 800 mm)
  • davon gelangen nur 50 mm ins Grundwasser
  • Temperaturanstieg führt zu erhöhter Verdunstung der Oberflächengewässer
  • Regen fällt unregelmäßig, öfter als Starkregen
  • hier fließt das Wasser über Flüsse oder Abwassersysteme aus unserer Region ab
  • verminderte Grundwasserneubildung (minus 20 %)
  • sinkende Grundwasserstände
  • Folgen auch an Seen ohne oberirdischen Zufluss sichtbar
  • keine Möglichkeit, die Fördermengen zu erhöhen
  • es darf nicht mehr Wasser gefördert werden, als durch Grundwasserneubildung entsteht
  • Problem betrifft die gesamte Hauptstadtregion und Umland
  • spätestens 2030 wird es kritisch
  • Braunkohleausstieg führt zu starkem Defizit für die Spree
    • aktuell wird Grundwasser wegen der Tagebaue in die Spree gepumpt
    • diese Menge fällt weg
    • zusätzlich füllen sich die abgepumpten Bereiche in der Lausitz wieder mit Grundwasser
    • dieser Prozess dauert mehrere Jahre
  • Bähler vom WSE:
    • schon jetzt keine Reserven, auch nicht für vorhandene B-Pläne
    • neue Wohngebiete oder Industrieansiedlungen können nicht mit Wasser versorgt werden
    • in den Sommermonaten Pumpen an der Belastungsgrenze
    • Druckabfall zuerst in höher gelegenen Orten und oberen Etagen von Gebäuden
    • Umweltministerium hat als aktuelle Quelle Zahlen aus dem Jahr 2015
      • Vorgabe: alle fünf Jahre die Werte aktualisieren
    • Das Umweltministerium agiert wie im „Blindflug“
    • Bevölkerung glaubt, dass es ein Recht auf grenzenlosen Wasserverbrauch gibt
      • Überzeugungsarbeit notwendig, dass dem nicht so ist
    • in den Sommermonaten starker Anstieg der Verbräuche bei unveränderter Abwassermenge
      • Schlussfolgerung: Wasser wird für Gartenbewässerung und Pools verwendet
    • auffällig hohe Verbräuche am Sonntagabend
      • Wochenendgrundstückbesitzer wässern für die kommende Woche
  • weiterer Wasserverbraucher ist die Landwirtschaft
    • hier liegen ebenfalls keine verlässlichen Mengenangaben vor
  • zusätzliche Belastung für Wasserhaushalt durch Freizeit- und Spaßbäder in Hallen
  • Lösungsvorschlag: Wasser von der Oder holen (Vorschlag Landrat Schmidt aus MOL)
    • Proteste in der Ursprungsregion zu erwarten
    • Polen will die Oder für bessere Schiffbarkeit ausbauen
    • Gebiet liegt tiefer als Zielregion
    • Wasser muss die gesamte Strecke gepumpt werden
    • hohe Energiekosten
    • unwirtschaftlich oder für Endverbraucher enorme Preiserhöhung
  • Lösungsvorschlag: Fernleitung aus Pohlitz bei Eisenhüttenstadt
    • nur geringer Überschuss vorhanden
    • Eigenbedarf bei gewünschter Entwicklung dieser Region
    • Kosten für Leitung im Verhältnis zum Nutzen zu hoch
  • Lösungsvorschlag: Auslastung der für Erkner Nord genehmigten Fördermenge
    • Phenolblase unter Erkner müsste saniert werden
      • Bombenangriff vom 8. März 1944 und Brand im Teerwerk im Jahr 1970 haben das Gift in den Boden gelangen lassen
      • wird als künstliche Blase vom restlichen Grundwasser abgeschirmt
    • Kommunen sind von den Kosten dafür freigestellt
    • Landkreis, Land und Bund sind nicht bereit, zu investieren
    • würde man trotzdem mehr fördern als bisher, beginnt die Phenolblase zu „wandern“
    • Belastung der Einzugsgebiete in Berlin
    • daher auch keine Option
  • Lösungsvorschlag: neue Fassung bei Hangelsberg
    • zeitaufwendig, mindestens 6 Jahre ab heute bis zur Förderung
    • Ergebnis der Erkundung noch völlig offen
    • soll nach Willen der Landesregierung (zuständig für Genehmigung) nur für Industriegebiet Freienbrink genutzt werden
  • Lösungsvorschlag: Verbundsystem zwischen Defizit- und Überschussgebieten
    • im weiteren Umkreis von Berlin keine Überschussgebiete vorhanden
    • vorhandene Verbundleitungen können nur bei kurzzeitigem Ausfall einzelner Pumpwerke für Ausgleich sorgen
  • Lösungsansätze der Experten
    • Regenwasser in der Region sammeln und vor Ort versickern lassen
      • Herausforderung: Starkregenereignisse
      • Niederschlagsmanagement in den Kommunen notwendig
      • Flächenversiegelung reduzieren
      • Versickerungsmulden und -becken schaffen
    • Behandeltes Abwasser versickern
      • Die Bodenschichten in unserer Gegend haben keine Filterfunktion
      • Restbestände von Phosphor und Sulfat versickern mit und gelangen ins Grundwasser
      • Daher nur weit außerhalb von Trinkwasserzonen möglich
      • Relativ geringe Mengen im Verhältnis zum Regenwasser
    • Wasserversorgung schon bei der Bauleitplanung größere Bedeutung beimessen
    • Industriebetriebe sollen Technologien entwickeln, die den Wasserverbrauch spürbar reduzieren
      • wann immer möglich, zu Kreislaufwirtschaft übergehen
    • Reinwasserspeicher errichten, um bei Spitzenverbräuchen Reserven zur Verfügung zu haben
      • im Bergland übernehmen Talsperren diese Funktion
  • Perspektive des Umweltministeriums
    • erfolgreiche Erkundung in Hangelsberg
    • Dargebot wird für Industriegebiet Freienbrink genutzt
    • zuvor genutzte Mengen werden wieder für andere Nutzungen frei
    • frühestens 2028 möglich
  • Möglichkeiten der Endverbraucher
    • trinken soll man zwei bis drei Liter pro Tag
    • Trinkwasserverbrauch liegt in Deutschland bei 127 Litern pro Tag und Kopf
      • Anteile: 36 % Körperpflege / 27 % Toilettenspülung / 12 % Wäsche
    • In Grünheide waren es 2018 sogar 175 Liter
      • Wasserpreis beim WSE 1,04 Euro/m³ (Berlin 1,81 Euro / Bremen 2,44 Euro)
    • Sparpotentiale hat jede(r) – solidarisch zu Mitmenschen sein
    • Grundstücksbesitzer haben besondere Verantwortung
      • auch hier gilt weniger Flächen versiegeln
      • Regenwasser auf dem Grundstück versickern oder sammeln und damit wässern
      • Brauchwasseraufbereitungsanlage nutzen
      • Rasensprenger kann bis zu 800 Liter pro Stunde verbrauchen (Angabe WSE)
        • bewusster Umgang mit Trinkwasser bei Gartenbewässerung
      • unbedingt verhindern, dass Regenwasser in die Kanalisation gelangt
  • Klärwerk Freienbrink wird weiterhin durch WSE angestrebt
    • Grundstück: Waldgebiet links der K 6755 vor der Erdgastrasse (Richtung Spreeau)
    • damit verbundene Einleitung der Abwässer in die Müggelspree wird nicht nur von Umweltverbänden abgelehnt
    • nach drittem Gutachten zur Wertermittlung des Grundstücks ist Einigung zwischen WSE und Landesforstbund in Sicht; aktuell werden die Verkaufsverhandlungen forciert
    • Nach möglichem Kauf würde der WSE Umweltbericht vorlegen
    • dieser wird öffentlich ausgelegt
    • dann Möglichkeit zu Stellungnahmen und Einwendungen
    • Bähler im Umweltausschuss: wenn es wie bisher läuft, haben wir erst 2035 ein Klärwerk

Schwer zu vermitteln ist daher, wie man trotz der Kenntnis der Situation, eine Gigafactory nach Grünheide holt und dies erst der Anfang einer ganzen Reihe von Folgeansiedlungen sein soll.

Mit dem am 04. März verkündeten Beschluss vom Verwaltungsgericht in Frankfurt/Oder, wonach die Bewilligung für eine zusätzliche Wasserentnahme im Werk Eggersdorf für „rechtswidrig“ und nicht „vollziehbar“ erklärt wird, verschärft sich die Situation weiter. Am 07. März sprach das Landesamt für Umwelt eine Duldung über die ursprünglich genehmigte Fördermenge aus. Damit soll die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung abgesichert werden. Am 09. März erklärte ein Mitarbeiter des LfU im Umweltausschuss, dass die Öffentlichkeitsbeteiligung in jedem Fall nachgeholt wird. Dieser Vorgang benötigt vier Monate und bedarf ca. zwei Monate Vorbereitungszeit. Die Umweltverbände konnten ihre Forderungen nicht vollständig durchsetzen und beabsichtigen, nach Prüfung  der schriftlichen Begründung, in Berufung zu gehen.

  • am 22. März ist Weltwassertag
  • Veranstaltungen und zahlreiche Informationen für Interessierte

2 Antworten zu „Bericht zur Wasserversorgung”.

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